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Nachdem er sich seine schneeweißen,

...makellosen Zähne geputzt, kalt geduscht, sich die langen schwarzen Haare gefönt und sich seine Achseln und den Nacken mit einer Duftlotion eingerieben hatte, suchte er sich seine Kleidung aus, die er in einem Schrank aufbewahrte. Die Ordnung, die dort herrschte, stand im krassen Gegensatz zur Verwahrlosung seiner Wohnung. Hemden, Hosen, Sakkos hingen, nach Farben sortiert und unter Bügeln aufgereiht, wie zur Präsentation in einer Herren-Boutique; Schuhe, Strümpfe und Unterwäsche waren verstaut in den Fächern, als hätte ein Dekorateur mit einem Lineal die Auslagen in Abstand und Ausrichtung nachgemessen.
Der erste Griff ließ Thomas Kaar ein flauschiges, flachsgelbes T-Shirt auswählen; mit dem zweiten nahm er eine dunkelblaue Bundfaltenhose aus Leinen. Dazu legte er ein aus schwarzen Lederschnüren geflochtenes Paar Mokassins. Auf einen Slip und Strümpfe verzichtete er. Vom Nachttisch nahm er ein flaches Bündel gefalteter Geldscheine und schob es in seine linke Hemdtasche; in die rechte steckte er eine Packung Zigaretten, ein goldenes Feuerzeug und eine angefangene Rolle Pfefferminzdrops.
Als er das Metall-Armband seiner Uhr mit einem Klick festgedrückt hatte, überlegte er für einen kurzen Moment, dann schob er mit der Fußspitze die Mülltüten auseinander, danach den Koffer zur Seite und bückte sich nach dem Telefon, das er vor der Brust festhielt, während er mit der anderen Hand den Hörer griff, mit dem abgespreizten Zeigefinger die sechsstellige Nummer eintippte und die Anzahl der Rufzeichen mitzählte, die er zweistellig addierte, bis endlich abgenommen wurde.
„Ich bin’s“, sagte er heiser in einem verkaterten Tonfall. „Hab’ ich dich etwa geweckt?...... Es hat zehnmal geklingelt, bevor du drangegangen bist....... Ach so........ Bist du allein im Haus?............ Und wann kommt er zurück?.......... Ich... in einer Stunde..... etwa, will noch vorher um die Ecke....... einen Kaffee trinken.......... Nein...... Ich bringe die Unterlagen mit...... Ich mich auch... sehr.“ Er legte auf und stellte den Apparat auf die Fensterbank.
Obwohl er keinen konkreten Grund hatte, sich Sorgen über aktuelle Probleme zu machen, beschlich ihn unvermittelt ein dumpfes, grollendes Gefühl des Unbehagens und des Selbstzweifels, während er seine Aktentasche suchte und dabei mehrmals zwischen Bad und Wohnzimmer hin- und herlief. Die Fakten, die ihn umgaben, sprachen offensichtlich gegen ihn - angefangen bei seiner Wohnung, die schäbig war und verdreckt. Und die Ortslage war ebenfalls keine Empfehlung für die Bewohner in den Herrschafts-Villen an der Außenalster oder am Elbufer: der mit Ausländern, Junkies und Klein-Kriminellen durchsetzte Stadtteil St. Georg.
Ich gehe auf die vierzig zu und bin immer noch nichts geworden, überlegte er und spürte dabei, wie ihn Wellen von Angst und Unbehagen um seine Zukunft durchströmten. Habe alles angefangen und nichts zum Erfolg geführt. Habe große Projekte im Kopf gehabt, aber keins verwirklicht. Und mein Vermögen, mein Hab und Gut? Eher ein Offenbarungseid. Ich hab’ noch nicht mal ein Auto. Und meine gesellschaftliche Stellung? Ebenfalls lachhaft. Und meine beruflichen Aussichten? In meinem Alter als ungelernter Alleskönner sind die ziemlich düster und steil abschüssig.
Die einzige Chance, die er für sich sah und auf die er hoffte, sein liederliches, seiltanzendes Dasein auf einen Gipfel zu führen, war der ersehnte Auftritt eines Deus ex machina. Die Alternative, die er sich aufzeigte: entweder mich begnügen mit dem, was ich habe und bin, oder davon überzeugt sein, daß mich das Schicksal doch noch sehr bald auswählt für etwas, das einfach so als Glücksfall auf mich zukommt, ohne daß ich dafür rackern und mich quälen muß. Bitte, bitte... laß es geschehen mit mir, bettelte er seine höhere Macht an, vor der er sich immer dann mit stummen Lippenbekenntnissen klein machte und der Länge nach zu Boden warf, wenn ihn depressive Stimmungen anfielen und ihn kaskadenartig überrollten mit der Gewalt einer Hochgeschwindigkeits-Lokomotive in voller Fahrt.
Muß auch endlich aufhören, immer so viel zu trinken, so wie letzte Nacht wieder geschehen, sagte er sich. Hatte dickes Schwein, daß ich nicht verbrannt bin in meiner Bude. Außerdem rauche ich zu viel. Thomas Kaar war zu Beginn dieser Minute um kurz nach dreizehn Uhr nicht zufrieden mit sich, der er war und mit der Welt, die ihn umgab.
Die besten Trümpfe, die er ausspielen konnte zu seinen Gunsten: Er war gesund, hochmütig intelligent, überdurchschnittlich gebildet, und er, dieser potente Lieblings-Reiter seiner spendierfreudigen, rossigen Escada-Muschies und seiner hochhackigen, eigensüchtigen Versace-Mösen, die sich bei der ersten näheren Begegnung an ihm festkrallten wie Kletten an einen Angora-Pullover, dieser fanatische Hoffnungsträger seiner selbst, der sich zur Bekämpfung seiner Schwermut einredete, er werde wohl doch nicht, wenn alles gut geht, unter einer Brücke enden, sah obendrein unverschämt gut aus.
Und er hatte noch etwas zu bieten, was mit Geld nicht zu bezahlen ist: erotische Phantasien, die er an seinen flach gelegten Geräten weiblichen Geschlechts in Turnermanier meisterhaft umsetzte; und er gewährte perfekte Manieren mit dem selbstsicheren Gestaltungshabitus blasierter Arroganz, oder er gab sich ungezwungen, zuvorkommend und natürlich. Da er sich zu benehmen wußte, gefiel es ihm manchmal, sich so eigenmächtig zu benehmen, wie er es wünschte. Die werthaltige Herkunft seines Elternhauses war sein Lehrer gewesen. Er konnte sich aber ebenso uneingeschränkt rüpelhaft-vulgär aufführen und so tun, als wäre er - der Vater ein krankhafter Säufer, die Mutter eine suizidgefährdete Schlamm-Catcherin - in einem halb verfallenen Saukoben neben einem Rummelplatz aufgewachsen.
Seine Mappe mit den Befragungsformularen hatte er inzwischen unter einem Stapel Zeitungen gefunden und die hervorspringende Attraktivität und magisch-bannende Ausdrucksstärke seiner gelb-grauen, glimmenden Augen mit seinem Blick in den Flur-Spiegel wohlwollend zur Kenntnis genommen. Bevor er mit dem Hacken seines Schuhs die Tür hinter sich zuschlug, prüfte er durch eine nestelnde Berührung seiner klimpernden Hosentasche, daß er den Wohnungs-Schlüssel eingesteckt hatte. weiter lesen >>>

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Dieser gebräunte, / Der bauliche Zustand des Treppenhauses...

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